Wer sind wir?
Wir sind ein Zusammenschluss von naturwissenschaftlich interessierten Menschen aller Altersgruppen und aus vielen Teilen der Gesellschaft, die eines gemeinsam haben: das Interesse an den Naturwissenschaften.
Wir sind vorwiegend Schüler, Azubis, Studenten, Beschäftigte in der chemischen Industrie, Ingenieure, Ärzte oder Professoren.
Wir sind Chemiker, Physiker, Informatiker, Mediziner oder üben einen völlig anderen Beruf aus.
Was uns vereint, sind Neugier und die Freude am selbständigen Experimentieren auf dem Gebiet der Naturwissenschaften.
Bedingt durch die Entstehungsgeschichte der IVNT, liegt unser Hauptinteressengebiet im Bereich der Chemie.
Wozu braucht es eine "Interessenvereinigung Naturwissenschaft und Technik"?
In den letzten Jahren haben sich die Möglichkeiten zum selbständigen Forschen und Experimentieren drastisch verschlechtert. Durch Gesetzesverschärfungen, die an den tatsächlichen Erfordernissen weit vorbeigingen, wurde der Erwerb von Chemikalien für Privatleute nahezu unmöglich gemacht und jeder Käufer von alltäglichen Chemikalien wurde als potentieller Terrorist gebrandmarkt. Dabei wurde leichtsinnigerweise nicht einmal nach der Art der Chemikalien differenziert und präventive Rundumschläge seitens der Behörden ausgeführt. Opfer dieser Präventivmaßnahmen waren nicht nur Chemikalien- und Lehrmittelhändler, sondern vor allem private Abnehmer von Chemikalien, die plötzlich wegen des legalen Kaufs von Chemikalien mit Strafverfahren konfrontiert wurden.
Diese von den Bundesinnenministern Schily und Schäuble forcierte Entwicklung führte zu erschreckenden Ergebnissen: Es wurden Hunderte von Hausdurchsuchungen durchgeführt, die sich zum allergrößten Teil als Sturm im Wasserglas entpuppten und zu unnötigen, die Betroffenen stark psychisch und finanziell belastenden Verfahren führten, welche später mehrheitlich mangels Beweisen für tatsächliche Straftaten eingestellt werden mussten. Unter dem universellen Vorwand der Terrorismusbekämpfung wurden höchst fragwürdige Ermittlungen durchgeführt, an denen oft genug nicht einmal fachlich kompetente Ermittler beteiligt waren. Die Presse hat in mehreren Fällen mangels Fachkenntnissen die Informationen der Behörden kritiklos übernommen und das Feuer weiter angefacht.
Wir sehen die Aufgaben der "Interessenvereinigung Naturwissenschaft und Technik" in der Förderung von interessierten Jugendlichen, in der Unterstützung von Erwachsenen Amateurforschern und Hobbyisten sowie im Informationsaustausch zwischen den Generationen. Wir wollen eine Schnittstelle zwischen den Hobbyisten und den Profis schaffen und allen naturwissenschaftlich interessierten Personen den Zugang zu den für sie notwendigen Materialien sichern. Das betrifft Informationen genauso wie Geräte und auch Chemikalien.
Grundlage aller unserer Handlungen sind die geltenden Gesetze sowie der Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes - dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.
Wir distanzieren uns in aller Deutlichkeit von der missbräuchlichen Herstellung und Verwendung von Chemikalien, dazu zählen insbesondere die Herstellung von Sprengstoffen und Drogen. Vereinsmitglieder, die gegen diesen Kodex verstoßen, werden aus der IVNT ausgeschlossen.
Die eigentliche Problematik
Die Entwicklung des Internets hat zu einer starken Verbreitung von sogenannten "Bombenbauanleitungen" und "Kochrezepten" für Drogen geführt, was zusammen mit dem Auftauchen von selbstgedrehten Videos von mehr oder weniger erfolgreichen Sprengstoff-Experimenten für einen verheerenden Eindruck sowohl in der Öffentlichkeit als auch bei den Sicherheitsbehörden geführt hat. Tatsächlich musste der Eindruck entstehen, Jugendliche hätten nichts Besseres mit ihren Fachkenntnissen zu tun, als damit Krater in deutsche Wälder zu sprengen, Telefonzellen zu pulverisieren und Briefkästen unsachgemäß zu entleeren. Was früher noch als Dumme-Jungen-Streich abgetan und trotz der Illegalität kaum geahndet wurde (die Älteren mögen sich noch an derartige Streiche erinnern), gilt heute als potentieller terroristischer Akt und führt zu aberwitzigen Maßnahmen seitens der Behörden.
Die Crux liegt dabei in der Methodik der Behörden: Bereits jetzt gilt nicht mehr der Versuch oder die Durchführung als Straftat, sondern es wird entgegen den bestehenden Gesetzen aus dem bloßen Besitz von beliebigen (!) Chemikalien eine Absicht zur Herstellung von Sprengstoffen - oder wahlweise auch Drogen - unterstellt. Das führte in über 2.000 Fällen bereits zu umfangreichen Ermittlungen und den oben genannten unnötigen Hausdurchsuchungen, die sowohl schwerwiegende Eingriffe in die Privatsphäre als auch eine unnötige Verschwendung von Behördenkapazitäten und Steuergeldern darstellen.
Die Leidtragenden dieses blindwütigen Aktionismus waren diejenigen, welche sich privat für die nicht-explosiven oder weniger berauschenden Aspekte der Chemie interessieren und für ihre Experimente Chemikalien benötigen. Das sind eben die Personen, welche früher noch mit einem KOSMOS-Kasten ihre Karriere als Wissenschaftler begannen oder sich durch selbständiges Experimentieren selbst Einblicke in die Natur verschaffen wollten.
Der Forscherdrang der in der Öffentlichkeit so gerne präsentierten jungen Teilnehmer der "Jugend Forscht"-Wettbewerbe (JuFo) wird von den Behörden genau so lange toleriert, wie sich die Amateurforscher unter der Protektion der JuFo-Stiftung befinden. Jegliche darüber hinausgehende experimentelle Tätigkeit wird pauschal und zumeist ungerechtfertigt als "Bombenbastelei" abgetan und genügt als Anlass für Hausdurchsuchungen und die Beschlagnahmung legal erworbener und verwendeter Chemikalien.
Es sind aber auch erstaunlich viele Personen außerhalb der Reihen der Amateurchemiker betroffen: Hobbyelektroniker sehen sich mit dem Vorwurf der Sprengstoffherstellung (natürlich inklusive Hausdurchsuchung) konfrontiert, nachdem sie Chemikalien zur Herstellung von gedruckten elektronischen Schaltungen über das Internet erworben haben. Was die Wenigsten von ihnen wissen: just die drei standardmäßig zur Platinenherstellung genutzten Chemikalien (ein Bleichmittel, eine Säure und ein Lösungsmittel) wurden scheinbar von den Bombenattentätern von London im Jahr 2005 genutzt und sind den Behörden nun Grund genug, ein Verfahren gegen die Hobbyisten zu eröffnen, selbst wenn keine weiteren Anhaltspunkte für ein Vergehen gegen das Chemikalien- oder Sprengstoffgesetz vorliegen.
Was an dieser Stelle erwähnt werden sollte: Die drei fraglichen Chemikalien sind in nahezu jedem deutschen Haushalt in der einen oder anderen Form zu finden. Diese Tatsache sollte man angesichts der Panikmache deutscher Behörden im Hinterkopf behalten! So lässt sich leicht aus jedem Bürger ein potentieller "Bombenbastler" machen.
Der vermeintliche "Kampf gegen den Terrorismus" trieb noch weitere Blüten:
Dem Hobby-Töpfer wurden unlautere Absichten unterstellt, nachdem er sich erdreistete, für sein Hobby notwendige Chemikalien auf Vorrat zu kaufen, Aquaristen sehen sich wegen des (inzwischen verbotenen) Kaufs von konzentrierten Oxidationsmitteln über das Internet in Bedrängnis, ein Lehrmittelhändler wurde wegen des bis dato völlig legalen Verkaufs eines in die Schlagzeilen geratenen Lösungsmittels für mehrere Monate in Untersuchungshaft genommen und musste inzwischen sein Geschäft aufgeben.
Außerdem sahen sich bereits über 2.000 Privatleute mit Hausdurchsuchungen konfrontiert, die aufgrund falscher und unberechtigter Vermutungen von übereifrigen Staatsanwälten durchgesetzt wurden. Diese Liste ist alles andere als vollständig und kann praktisch laufend erweitert werden.
Quintessenz aller genannten Vorkommnisse und Entwicklungen ist unsere Absicht, die Freiheiten des Einzelnen zu Schützen, der Allgemeinheit und dem Ansehen der Naturwissenschaften gleichermaßen zu dienen und die politischen Entwicklungen in positiver Weise zu unterstützen.
Die Zukunft unserer Gesellschaft liegt nach unserer Meinung nicht in der Zensur, sondern in der Entwicklung jedes Einzelnen zu einem verantwortungsbewussten und aufgeklärten Individuum. Daher wollen wir den Forscherdrang und die Neugier von interessierten Menschen in vernünftige Bahnen lenken und so der Gesellschaft dienen.
Informationsquellen:
Terrorfahndung in Kinderzimmern (Telepolis Artikel vom 21.12.2005)